Als Fachschaftsrat Informatik haben wir den Koalitionsvertrag aufmerksam gelesen. Wir wollen euch hier eine Kurzzusammenfassung geben was hochschulpolitisch auf uns zu kommt, sowie ein wenig Kritik an den geplanten Vorhaben äußern.

Die Koalition will 2020 das Hochschulgesetz ändern. Dabei soll die Autonomie der Hochschulen gestärkt und die Kompetenzen zwischen Hochschulrat, Rektorat und Senat ausbalanciert werden. Das halten wir grundsätzlich für positiv, wobei die Ausbalancierung der Kompetenzen jedoch sehr frei ausgelegt werden kann. Unserer Meinung nach muss hier unbedingt eine Stärkung des Senats und eine Schwächung der Kompetenzen des Hochschulrats sowie des Rektorats erfolgen. Des Weiteren will die Koalition die Steuerungswirkung durch die Langzeitstudiengebühren überprüfen. Das bedauern wir, denn im Sinne offener Hochschulen sollten unserer Meinung nach sowohl Zweit- als auch Langzeitstudiengebühren schnellstmöglich abgeschafft werden. Über die aktuelle Doppelsanktionierung durch Langzeitstudiengebühren und Zwangsexmatrikulation bei Überschreiten der Regelstudienzeit mit über 4 Semestern wird leider auch nichts geschrieben. Positiv zu bemerken ist die geplante Abschaffung der Austrittsoption aus der verfassten Studierendenschaft. Dies kann nur im Sinne einer starken Studierendenvertretung sein.

Die Gleichstellungsbeauftragten sowie die Koordinierungsstelle zu Förderung der Chancengleichheit sollen gestärkt werden. Außerdem will die Koalition die Erstellung eines regelmäßig aktualisierten Gleichstellungskonzepts verankern. Darüber hinaus soll explizit der Frauenanteil in Informatik- und Digitalstudiengängen deutlich erhöht werden. Das begrüßen wir und sehen insbesondere an unserem Institut großen Handlungsbedarf.

Die Koalition plant die Informatikstudiengänge weiterzuentwickeln, um den Studienerfolg zu steigern und Interdisziplinarität zu fördern. Außerdem sollen spezifische Studienangebote unter anderem in der Informatik in Abstimmung mit den Hochschulen bedarfsgerecht ausgebaut werden. Dies klingt erstmal gut, allerdings ist die Frage, was das für die einzelnen Hochschulen beziehungsweise Informatikstudiengänge bedeutet. Durchaus vorstellbar wäre, dass der Fokus dabei nicht auf der Uni Leipzig liegt.

Digitale Lehr- und Lernformen und offene Lernmaterialien sollen in allen Fächern Einzug halten. Ebenfalls möchte die Koalition die digitale Vernetzung von Studienangeboten vorantreiben. Grundsätzlich begrüßen wir das im Sinne von selbstbestimmten Lernen, allerdings sollten dadurch auf keinen Fall Lehrstellen abgebaut oder Betreuungsschlüssel verschlechtert werden. Außerdem sind wir der Meinung, dass dabei Open Source Software genutzt werden muss, um einen offenen Zugang für alle zu schaffen.

Neben einigen wahrscheinlich positiven Aspekten gilt es aber auch zu beachten, was nicht im Koalitionsvertrag steht: Die Koalition will nicht daraufhin arbeiten, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung einer Prüfungsunfähigkeitsbescheinigung gleichzusetzen. An der Beschränkung auf drei Prüfungsversuche soll festgehalten werden. Das aktuelle System von Zielvereinbarungen zwischen Wissenschaftsministerium, Hochschulen und Fakultäten soll beibehalten werden. Das heißt auch weiterhin können von oben herab Vorgaben vom Wissenschaftsministerium gemacht werden, welche bei Nichteinhaltung finanzielle Sanktionen nach sich ziehen.

Als Fachschaftsrat Informatik wollen wir einen genauen Blick auf die Entwicklungen der kommenden Jahre und insbesondere die zukünftige Verteilung von Geldern werfen. Während die Tendenz zwar grundsätzlich besser zu sein scheint als in den vergangenen Jahren, wird sich erst bei der konkreten Umsetzung zeigen wie ernst die Vorhaben wirklich sind.

Den Koalitionsvertrag findet ihr hier zum Download beim mdr.